Projektmanagement - Versuch eines Benchmarkings
Hohe Leistung und Qualität - entspannt arbeiten - das ist kein Widerspruch

Bauprojekte/Immobilienprojekte werden sehr oft nicht optimal abgewickelt.

Woran liegt das?

Architekten und Ingenieure werden zwar in Entwurf und Konstruktion, nicht aber in der Abwicklung von Bau- / Immobilienvorhaben ausgebildet. Sucht man für professionelle Abwicklung nach Benchmarks in anderen Berufen, so tut sich hier die mit der Abwicklung von Flügen betraute Berufsgruppe der Piloten besonders hervor. Sicherheit steht an erster Stelle, weil Fehler beim Flugbetrieb mit Menschenleben bezahlt werden müssen, gefolgt von Effizienz, was Kosten, Termine, Qualität und Quantität betrifft.

Vergleicht man nun beide Berufsgruppen, so kann man folgendes feststellen: 
Jeder Flug ist - wie auch jedes Immobilienvorhaben - ein Projekt, mit sowohl feststehenden (gesetzlichen), als auch projektspezifischen Rahmenbedingungen. Die gegenüber keiner anderen Berufsgruppe erreichte Sicherheit und Effizienz der Abwicklung lohnt sich zu studieren, um Schlüsse für die Abwicklung von Immobilienvorhaben daraus zu ziehen.

Piloten planenführen durchkorrigieren wenn notwendig und dokumentieren. Sie ergreifen Notmaßnahmen nach festgelegten Plänen bei schwerwiegenden Abweichungen. Sie erlernen ihr Handwerk durch theoretischen Unterricht sowie in Form praktischer Unterweisung (durch Fluglehrer). Nach einer gesetzlich vorgeschriebenen Anzahl von Flugstunden und wenn die handwerklichen Fertigkeiten zur Reife gediehen sind, darf der Student (Flugschüler) die Prüfung ablegen und nach bestandener Prüfung alleine fliegen. Mehrere gesetzliche Bedingungen müssen erfüllt sein, um alle zwei Jahre die Verlängerung des Luftfahrerscheines durch die zuständige Behörde zu erlangen. Fliegen kann man dann auf einmotorigen Leichtflugzeugen nach Sichtflugregeln. Das ist die untere Stufe - auch Kapitäne auf einem Jumbo fangen so an - auf einer Treppe mit jeweils höheren Weihen. Und dann geht das Lernen erst mal richtig los. 
Zur Qualitätskontrolle werden in bestimmten Intervallen Checkflüge durchgeführt.

Wo lernen Projektmanager / Bauleiter wie man Projekte abwickelt? Nirgendwo! Warum haben sie keinen Coach (vergleichbar einem Fluglehrer)? Sie studieren ein paar Jahre Entwurf und Konstruktion - um im Bilde zu bleiben: Entwurf und Konstruktion eines Flugzeuges. Sie haben gelernt warum ein Flugzeug fliegt (Aerodynamik), wie man die Struktur konstruiert, wissen eine Menge über Materialien, Komponenten und wie man sie zusammenfügt, können es selber aber nicht fliegen. Für Projektmanager / Bauleiter bleibt nur Learning by doing. Meist auf Kosten der Auftraggeber, weil keine spezielle Ausbildung für Abwicklung gemacht wurde. Abstürze werden nicht gleich mit dem Tode bestraft, sondern vertuscht. Manche schaffen es dann ohne Training oben zu bleiben - viele Unerfahrene stürzen ab. Etliche mogeln sich so durch und bleiben ein (Bau-) Leben lang Abwicklungs-Amateure.

Piloten sollten sich sehr gut als Vorbilder für unseren Berufsstand eignen.

Stark vereinfacht kann man einen Flug (als Projekt) etwa wie folgt beschreiben:

1. Flugplanung und Flugvorbereitung
-  Der Pilot macht einen Flugplan und 
   dokumentiert ihn (auf einem DIN A4-Bogen),                                    PM=Projekthandbuch
-  Zielflughafen (mit Ausweichplatz) Ziel
-  Sorge für Flugzeug, Flugplatz, Wetter, Karten,
-  Bordpapiere, Luftraum, etc.                                                                  PM=Struktur
-  Festlegen der Route mit Checkpunkten und Überflughöhen        PM=Arbeitsrichtung
-  Berechnung des Flugplanes mit 
   Flugzeiten und der Zielankunftszeit 
   Beladungsplan sowie der benötigten Treibstoffmengen               PM=Werkzeuge

2. Startvorbereitung, Start und Reise
-  Vor dem Anlassen der Triebwerke prüft der Pilot an Hand einer Checkliste 
   für den bevorstehenden Flug innen und außen wichtige Anlagenteile, 
   Aggregate und Geräte 
-  Er läßt die Triebwerke an und checkt die Triebwerksinstrumente 
   auf Abweichungen vom Handbuch. 
-  Dem Start widmet er besondere Aufmerksamkeit - Notverfahren in Bodennähe 
   (Checkliste) etc.                                                                                      PM=z.B. Insolvenzverfahren
-  Er beobachtet laufend (scannt) die Instrumente und die äußere Umgebung 
   (in einem Kleinflugzeug müssen (je nach elektronischer Ausstattung) 
   ständig mindestens 17 Dinge miteinander koordiniert werden). 
-  Er steigt mit dem richtigen Kurs im richtigen Steigwinkel auf die vorher 
   festgelegte Flughöhe
-  Er fliegt auf dem Wege zum Ziel seinem Flugzeug gedanklich viele Meilen voraus 
   an Hand des Flugplanes und der Karten.                                          PM=Fortschrittsverfolgung
-  Er weiß, wann (nach wieviel Minuten) die im Flugplan vorher festgelegten 
   Checkpunkte in Sicht kommen müssen und vergleicht diese beim Überflug 
   mit der Karte (Navigation).                                                                      PM=Checklisten
-  Für Notfälle (z.B. Triebwerksausfall, etc.) hat er Checklisten bereitliegen.

3. Vorbereitung der Landung, Landung und Nachsorge
-  Er bereitet sich an Hand von Checklisten rechtzeitig auf die Landung vor 
   (Funksprechverkehr mit Landeplatz, Landeplatzkarte mit den veröffentlichen 
   Landeprozeduren, Windrichtung und Landerichtung, richtige Anflughöhe, richtige 
   (lt. Handbuch) Anfluggeschwindigkeit).
-  Stimmen Gleitweg, Anfluggeschwindigkeit, Landebahnzustand, Aufsetzpunkt, etc. 
   nicht mit den festgelegten Prozeduren überein, wird der Anflug abgebrochen 
   (Checkliste), durchgestartet und ein neuer Anflug vorbereitet (Safety first). 
-  Für evtl. Notverfahren liegt Checkliste bereit. 
-  Nach der Landung werden die Triebwerke, Aggregate und Geräte kontrolliert 
   abgeschaltet.                                                                                            PM=Abschlussbesprechung
-  Der Flug wird dokumentiert für eine evtl. spätere Revision 
   (Beschwerden von oder bei hoheitlichen Stellen, Dokumentation 
   der Triebwerkslaufzeit, des Treibstoffverbrauchs, 
   der eigenen Erfahrung (Flugstundenbuch) etc.).                               PM=Dokumentation

In ähnlicher Weise kann man die Abwicklung eines Bauprojektes / Immobilienprojektes organisieren, d.h. für alle Verfahren liegen (Immobilien-) spezifische AblaufpläneChecklistenund Werkzeuge bereit. Diese müssen erlernt (und vielleicht auch von Dritten geprüft) werden, damit eine gleichbleibende Qualität der Abwicklung der jeweiligen Organisationseinheit gewährleistet werden kann.

Zweifelsohne ist diese Arbeitsweise mit einer Einengung der eigenen Kreativität verbunden. Wer aber die oft chaotische Arbeitsweise von Architekten und Ingenieuren kennt und die damit verbundene Vernichtung von Werten, wird sich der oben beschriebenen Arbeitsweise nicht verschließen können.

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